Das Thema Verkehr stellt für die Heidelberger nach wie vor das wichtigste Problem in ihrer Stadt dar und liegt sogar 30 Prozent vor dem Problem Wohnen. Da fragt man sich, ob der Gemeinderat in den letzten Jahren verkehrlich etwas verbessert hat? Nicht viel jedenfalls, sonst hätte die Studie sicher bessere Noten gegeben. Denn wenn die Heidelberger den Verkehr thematisieren, dann immer im Zusammenhang mit Verkehrslenkung und Verkehrsfluss. Jeden Morgen stehen Bergheim, Neuenheim und Teile der Weststadt im Autostau. Am Abend wiederholt sich dieses Geschehen ohne Hoffnung auf Besserung. Eine Endlosschleife, die von manchem Gemeinderat als „schlimm“ oder sogar „unerträglich“ kommentiert wird – Lösungen sind aber Mangelware. Die Stickoxid-Werte in den belasteten Straßen räumen Sonderbewertungen der Umweltbundesbehörde ab, aber was sagen die Räte: „Wir warten, ob die Straßenbahnschleife durchs Neuenheimer Feld eine Verbesserung bringt“.
Und, wo ist sie? Seit Jahren warten die Heidelberger auf den ersten Zentimeter Straßenbahn, damit erhoffte Entlastung spürbar wird. Leider feiert das Theorie-Vorhaben aber bald silbernes Jubiläum. In der Zwischenzeit sind die Patientenzahlen auf dem Klinikring auf 1 Mio. gestiegen, die Beschäftigtenzahl erhöht sich auf 13.000. Die letzten offiziellen Berechnungen stammen noch aus dem Jahr 2005. Im Rahmen einer Umweltuntersuchung wurden damals auch die Verkehrsberechnungen aktualisiert. Die Ergebnisse bestätigten im Wesentlichen die bereits vor 15 Jahren durch Prof. Dr. Wermuth durchgeführten Berechnungen. Im Neuenheimer Feld sollten die Beschäftigten um 33 Prozent, die Studenten um 35 Prozent und die Patienten um 49 Prozent zunehmen. Dadurch sollte die Zahl der täglichen Fahrten um 32 Prozent auf knapp 100 000 anwachsen. Jetzt, 15 Jahre später, wird die ultimative Lösung, das „Mobilitätsnetz“ immer noch hoch und runter dekliniert, mal mit den Direktoren der Uni mal mit den Bürgerinnen und Bürger, aber eine Erweiterung der Straßenbahn ins Neuenheimer Feld findet nicht statt. Vor ein paar Wochen kolportierte die Zeitung, der GRÜNE Verkehrsminister in Stuttgart sei angeblich schuld. Das man den Zuschussantrag für dieses Projekt letztendlich zu spät eingereicht hat, bleibt gerne unerwähnt. Die Stadt hatte ja nur 15 Jahre Zeit. Aber sind die Zahlen aus 2005 überhaupt noch aktuell? Heidelberg wächst unaufhörlich. Neben der neuen Bahnstadt entstehen Konversions-Stadtteile im Süden, Westen und wir dürfen das PHV nicht vergessen. Diese Menschen suchen Arbeit, suchen den Weg zur Arbeit. Das Neuenheimer Feld wächst auch. Ein Mathematikum mit fast 300.000 m³ umbauten Raum entsteht direkt neben der Berliner Straße - und nicht zu vergessen der Neubau der Chirurgischen Universitätsklinik stellt den letzten Baustein im Heidelberger Klinikring dar. Also werden wieder viele Menschen mehr im Neuenheimer Feld arbeiten. Fakt ist auch: Nicht jede Nachtschwester kann sich im Ortsteil Neuenheim eine Wohnung leisten. Die Wohnungspreise in Heidelberger sind für die angesprochenen Monatssaläre schlichtweg zu hoch. Also ziehen diese Menschen in die Peripherie und stehen jeden Morgen im Stau, denn nicht überall in der Region fährt die Straßenbahn vorbei. Die Stadt Heidelberg erhält übrigens aus dem Klinikgebiet jährlich 23 Mio. Euro Gewerbesteuer, die bisher nicht in die Verkehrsinfrastruktur geflossen sind. Jetzt wird klar, warum die Bewertung des Gemeinderates so schlecht ausfällt und warum in Bergheim-West 28 Prozent Nichtwähler wohnen. Bei genauer Betrachtung der einzelnen Stadtteile fällt auch auf, dass die Neuenheimer die Verkehrsprobleme mit 68 Prozent am relativ häufigsten und die Wieblinger mit 43 Prozent am seltensten nennen. Ein Schelm, der jetzt Böses dabei denkt!